zu St. Wachtel „Delikt 220. Bestimmungsort Schwedt"
Verfasst: 24 Nov 2008, 13:38
Anmerkungen zu
Stefan Wachtel „Delikt 220. Bestimmungsort Schwedt. Gefängnistagebuch“; Greifenverlag zu Rudolstadt 1991
W. beschreibt in tagebuchähnlicher Nachbetrachtung seine Erfahrungen, die er wegen der Ahndung einer angeblich begangenen „öffentlichen Herabwürdigung“ (§ - also Delikt - 220 StGB) bei der NVA machen musste. Von April - September 1980 gelangt er über Arrest, U-Haft und Militärgericht zum Abbüßen seiner (Rest-) Strafe schließlich nach Schwedt. Das Urteil lautete auf 5 Monate Strafarrest.
Von den 100 Seiten der kleinen Broschüre betreffen dann aber nur wenige den tatsächlichen „Bestimmungsort Schwedt“ (S. 79 - 90). Die vorherige genauere Schilderung der Umstände und der dabei erlebten Gefühlslagen weicht gerade für den Schwedt-Teil einer allgemeineren, kürzeren Darstellung mit größeren Zeitsprüngen. Schon die Dauer seines tatsächlichen Aufenthaltes in Schwedt zu ermitteln, gerät wegen der allgemein gehaltenen Zeitangaben schwierig: Am 2.7.80 war der Prozess, am 76. Tag war er noch nicht in Schwedt (wenn vom ersten genannten Datum 17.4. gerechnet wird, entspräche dieser Prozesstermin dem 76. Tag) - blieben noch ca. 2 ½ Monate Reststrafe in Schwedt zu verbüßen.
Dennoch sind einige Einzelheiten zum Regime in Schwedt zu erfahren:
So werden die Ortsverhältnisse mit Stand 1980 beschrieben: 3 Baracken für Häftlinge, ein Trakt zur Esseneinnahme mit Sanitärstützpunkt, ein Kiosk, ein Exzerzierplatz, ein Militärsportgelände sowie außerhalb gelegene Verwaltungsgebäude (S. 81).
Es gab 1980 drei Kompanien von jeweils 90 - 130 Häftlingen, davon zwei für die „Langstrafer“ mit mehr als 6 Monaten zu verbüßender Strafe. Die Kompanien hatten je einen Kompaniechef und einen Politstellvertreter, die zum MdI gehörten und die dunkelblauen Uniformen des SV trugen. Dennoch gehörte die ganze Institution zur NVA (S. 81).
Das Gelände war mit Mauer und Stacheldrahtzaun umgeben; dazwischen liefen Hunde. Die Unterbringung erfolgte mit 18 Betten in einem Raum, die drei-etagig gestapelt waren. Die Anzugsordnung für nachts war: lange Unterhemden; unten ohne !!? (S. 85)
Nach Eigenaussage eines KC waren 25 % der Inhaftierten wegen des „Deliktes“ § 220 da.
Arbeit gab’s sowohl drinnen als auch draußen; gegen „Lohn“: bei Normerfüllung 17 % des eigentlichen Lohns (S. 87); drinnen wurde z.B. für den VEB Leuchtenbau gefertigt.
Beste Grüße -
ollepolle
Stefan Wachtel „Delikt 220. Bestimmungsort Schwedt. Gefängnistagebuch“; Greifenverlag zu Rudolstadt 1991
W. beschreibt in tagebuchähnlicher Nachbetrachtung seine Erfahrungen, die er wegen der Ahndung einer angeblich begangenen „öffentlichen Herabwürdigung“ (§ - also Delikt - 220 StGB) bei der NVA machen musste. Von April - September 1980 gelangt er über Arrest, U-Haft und Militärgericht zum Abbüßen seiner (Rest-) Strafe schließlich nach Schwedt. Das Urteil lautete auf 5 Monate Strafarrest.
Von den 100 Seiten der kleinen Broschüre betreffen dann aber nur wenige den tatsächlichen „Bestimmungsort Schwedt“ (S. 79 - 90). Die vorherige genauere Schilderung der Umstände und der dabei erlebten Gefühlslagen weicht gerade für den Schwedt-Teil einer allgemeineren, kürzeren Darstellung mit größeren Zeitsprüngen. Schon die Dauer seines tatsächlichen Aufenthaltes in Schwedt zu ermitteln, gerät wegen der allgemein gehaltenen Zeitangaben schwierig: Am 2.7.80 war der Prozess, am 76. Tag war er noch nicht in Schwedt (wenn vom ersten genannten Datum 17.4. gerechnet wird, entspräche dieser Prozesstermin dem 76. Tag) - blieben noch ca. 2 ½ Monate Reststrafe in Schwedt zu verbüßen.
Dennoch sind einige Einzelheiten zum Regime in Schwedt zu erfahren:
So werden die Ortsverhältnisse mit Stand 1980 beschrieben: 3 Baracken für Häftlinge, ein Trakt zur Esseneinnahme mit Sanitärstützpunkt, ein Kiosk, ein Exzerzierplatz, ein Militärsportgelände sowie außerhalb gelegene Verwaltungsgebäude (S. 81).
Es gab 1980 drei Kompanien von jeweils 90 - 130 Häftlingen, davon zwei für die „Langstrafer“ mit mehr als 6 Monaten zu verbüßender Strafe. Die Kompanien hatten je einen Kompaniechef und einen Politstellvertreter, die zum MdI gehörten und die dunkelblauen Uniformen des SV trugen. Dennoch gehörte die ganze Institution zur NVA (S. 81).
Das Gelände war mit Mauer und Stacheldrahtzaun umgeben; dazwischen liefen Hunde. Die Unterbringung erfolgte mit 18 Betten in einem Raum, die drei-etagig gestapelt waren. Die Anzugsordnung für nachts war: lange Unterhemden; unten ohne !!? (S. 85)
Nach Eigenaussage eines KC waren 25 % der Inhaftierten wegen des „Deliktes“ § 220 da.
Arbeit gab’s sowohl drinnen als auch draußen; gegen „Lohn“: bei Normerfüllung 17 % des eigentlichen Lohns (S. 87); drinnen wurde z.B. für den VEB Leuchtenbau gefertigt.
Beste Grüße -
ollepolle